NameMichael Lazar Biedermann
Birth13 Aug 1769, Pressburg, Hungary
Death21 Aug 1843, Baden bei Wien, Austria
Burial23 Aug 1843
FatherHayum Löb Biedermann (~1745-1817)
MotherRosalie Resel Biedermann (1748-1799)
Spouses
Birth6 Jun 1784, Vienna, Austria
Death27 Jan 1838, Vienna, Austria
Burial29 Jan 1838
FatherAbraham Löwy Goldstein (~1749-1813)
MotherRegina Sinzheim (~1766-1800)
Marriage14 May 1799, Vienna, Austria
ChildrenRegine (1800-1880)
 Simon Ritter (1804-1864)
 Babbette Betty (~1806-1855)
 Amalia Adelheid (1802-1858)
 Ignaz (1808-1872)
 Louise (1813-1890)
 Gustav Ritter (1819-1880)
 Anton (1814-1870)
 Josef David Löb (1809-1867)
 Hermann (1811-1869)
 Pauline (1817-1891)
 Leopold (1803-1803)
Notes for Michael Lazar Biedermann
{geni:occupation} engraver, jeweler, silk merchant, banker
{geni:about_me} Aus: Bernhard Wachstein, Die Statuten der Wiener Kultusgemeinde 18.März 1829, S. 12f

5. M L Biedermann

Michael Lazar Biedermann, der Begründer des Bankhauses M. L. Biedermann & Comp., wurde am 13. August 1769 in Preßburg geboren. Er gehörte demselben Geschlechte an, dem Heinrich Heine mütterlicherseits ent-stammte. Noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts wird er in Urkunden bloß mit dem Vornamen Michel Lazar erwähnt, wobei der zweite Name als Vorname angesehen werden konnte. Den Namen „Biedermann“ scheint er H. L. Biedermann (gest. 1817 in Wien) entlehnt zu haben, welch letzteren ich mit Chajjim Freistadt, dem Sohne des Löb Freistadt (WACHSTEIN II, S. 62), zu identifizieren geneigt bin, Hajim (Chajjim) Löb Biedermann wäre somit der Vatersbruder Michael Lazars gewesen. Wie es in der Grabschrift Hajim Lob Biedermanns heißt, wurde ihm bei der Durchführung des Gesetzes betreffend Annahme fester Familiennamen ob seiner Rechtlichkeit der Familienname „Biedermann“ beigelegt. In der Tat wird er in der Grabschrift; einesseiner Söhne mit „ha-Zaddik“ bezeichnet. Aber erst Michael Lazar war es beschieden, dem Namen Biedermann Glanz und Ansehen zu verschaffen. Der arme Graveurlehrling brachte nach Wien kein materielles Erbgut mit, wohl aber den Willen und auch die Kraft, eine Leistung zu vollbringen. Und so trat auch nach einer geraumen Zeit der Name Michael Lazars aus der Dunkelheit hervor. Durch eisernen Fleiß brachte es der Graveurlehrling zum selbständigen Pet-schierstecher und sah auch seine Arbeiten mit Preisen gekrönt.

Er richtete sich bald darauf einen Antiquitätenhandel ein, wurde Juwelier und errang in der Folge den Titel eines Hofkammerjuweliers. Einmal in die kommerzielle Laufbahn gedrängt, genügte ihm der enge Zweig nicht mehr. Er betriebnun einen bedeutenden Handel mit einheimischen Produkten, insbesondere mit Wolle, wodurch in der besonders prekären Zeit der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts ein großes Stück ausländischen Goldes in die österreichische Wirtschaft floß. Der Handel führte ihn zwangsläufig zur industriellen Produktion, zur Gründung von Fabriken in der Heimat, in denen die einheimischen Produkte ihre vollständige Finalisierung erfahren soll-ten, und so errichtete er die Tuchfabriken in Teltsch. Die Gründung eines eigenen Bankhauses zur Finanzierung solcher Unternehmungen, das sowohl die eigenen Mittel als fremde Gelder im Bedarfsfalle bereit stellen sollte, ist die Krönung der kommerziellen Tätigkeit Michael Lazar Biedermanns.

Aber seine Tatkraft und seine Neigungen erschöpften sich nicht in seinen kommerziellen und industriellen Wer-ken. Der in Preßburg, einer namhaften Judengemeinde, geborene Michael Lazar Biedermann war ein seinem Glauben treu ergebener Jude. Im Gegensatze zu den Wiener patrizischen Familien, die sozusagen in einem ge-meindelosen Zustand aufgewachsen und auch gewöhnt waren, den Gottesdienst in unansehnlichen, versteckten Lokalitäten abzuhalten, brachte Michael Lazar Biedermann Gemeindegeist, Kehillageist mit. Nur daß dieser .nicht auf den Preßburger Geschmack reagierte. Er, dem so vieles gelang, wollte das Heft in die Hand bekom-men, im Sinne der Ideen der Zeit das Judentum ausgestalten. Er war wohl ein mit eigenen geistigen Ideen nicht schwer belasteter Mann. Aber gerade deshalb konnte er um so ungebrochener sein Ziel verfolgen. Auf einer Geschäftsreise in Leipzig hörte der Großhändler Mannheimer, den er schon früher in Wien kennen gelernt hatte, predigen. Ihn hielt er nun für den geeigneten Mann, das Judentum vor aller Welt in seiner Reinheit aufzuzeigen, den nach seiner Meinung lästigen Ansatz der Zeiten mit Stumpf und Stiel auszurotten. Dieser Lehrer sollte nicht nur der im Abfalle begriffenen jungen Generation, sondern der ganzen Welt draußen das echte, das wahre Juden-tum zur Kenntnis bringen. So gehörte Biedermann seit 1806, wo seine ökonomische Positiones ihm gestattete, sich öffentlichen Dingen zu widmen, bis zu seinem am 21. August 1843 erfolgten Tode der Verwaltung der Wiener jüdischen Gemeinschaft an. In diesem seinen Geiste verfolgte er auch die Vorgänge außerhalb Wiens.

So kann man beispielsweise eine Spende, die er nach Prag der deutsch-israelitischen Schule zukommen läßt (WANICZEK, Geschichte der Prager Haupt-Trivial- und Mädchenschule etc., Prag 1832, S. 69-70), nicht als bloße Philanthropie ansehen. Sein Verdienst um das Zustandekommen des Bethauses wurde bereits berührt (s. oben Nr. 4). Ein weiteres ist aus HUSSERL, Gründungsgeschichte des Stadttempels zu ersehen. Aber auch die früheren und späteren Aktionen der Gemeinschaft sind von seinem starken Willen beseelt. Am Schlüsse seines Lebens drängte es ihn, eine Bilanz dieser seiner Arbeit zu ziehen, und so ließ er eine Übersicht über die ge-schichtliche Entwicklung der Wiener Gemeinde niederschreiben (jetzt im Besitze der Bibliothek der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde), die durch J. AUERBACH in Busch-Jahrbuch II, 1843, S. 55-70, veröffentlicht wurde. Zur Genealogie und Literatur vgl. WACHSTEIN II, S. 514-515 et passim.

Die Frau Michael Lazar Biedermanns war Charlotte, geborene Goldstein, mit der er seit 1799 verheiratet war (PRIBRAM II, S. 533). Charlotte Biedermann war eine der Gründerinnen des israelitischen Frauenvereins im Jahre 1816. Sie starb 1838. Die Grabrede Mannheimers ist im Druck erschienen. Einen Nachruf bringt die All-gemeine Zeitung des Judentums vom selben Jahre, S. 118. Da sie etwa 1784 in Wien geboren wurde, fällt der Name Goldstein auf, den keine der in Wien lebenden Familien im 18. Jahrhundert führte. Die Sache ist um so dunkler, als auch ihre Eltern in Wien geboren wurden. Aus der Vergleichung des Namenmaterials geht nämlich hervor, daß sie die Tochter des Abraham und der Regina Goldstein war. Nun bezeichnet Abraham Goldstein, der spätestens 1750 geboren wurde, sowohl sich als seine Frau als in Wien geboren. In der Liste bei PRIBRAM kommt erstmalig Abraham Goldstein 1789 vor (Bd. I, S. 608). Es ist einleuchtend, daß der Name Goldstein ein auf Grund der Verordnung über die Annahme fester Familiennamen 1788 entstandener neuer Name ist. Die alten berühmten Familien, die schon früher ihre Provenienzbezeichnungen (Oppenheimer, Wertheimer, Sinzheimer usw.) als feste Familiennamen führten, behielten diese weiter. Die anderen jedoch mußten Namen annehmen. Ein Verzeichnis dieser neuen Namen ist nicht bekannt geworden. Es handelt sich nun darum, einen Weg zu bahnen. Die Spur soll aufgezeigt werden; sie führt uns wenigstens nach einer Richtung hin unfehlbar zum Ziele.

In der Liste des Angelus Sinzheimer (s. weiter unten Nr. 43) vom Jahre 1819 (mir lag diese zufällig vor) werden als unter Schutz des Toleranzinhabers stehend bezeichnet: David Biedermann (dieser war ein Sohn des in Nr. 5 erwähntenH. L. Biedermann) und seine Gattin Theresia. Diese bezeichnet Angelus Sinzheimer als seine Nichte. Aus dem Verzeichnis der Eheschließungen im Jahre 1813 bei PRIBRAM II, S. 535, erfahren wir, daß sie eine geborene Goldstein war. Die sonstige Angabe „Kaufmannstochter aus Prag“ ist ein Fehler seiner Quelle. In Wirklichkeit war sie eine Tochter Abraham Goldsteins, wie dies wiederum zweifellos aus der Prüfung und Ver-gleichung der Namen und der Altersdaten hervorgeht. Wir wissen nun, daß Theresia Biedermann und Charlotte Biedermann Schwestern waren, Töchter des Abraham und der Regina Goldstein, ohne daß wir über die Bedeu-tung „Nichte“ uns klar werden, da ja „Nichte“ nicht eindeutig ist. Schlagen wir einmal TAGLICHT, S. 98 (Nach-laß Simon Isak Sinzheim) auf, so finden wir in der amtlichen Aufnahme folgendes: „Aus zweiter Ehe: Regina verehel. Löwel auf der Fischerstiege. Amschel bei der Mutter.“ Amschel ist Angelus Sinzheimer. Soll nun seine Schwester Regina die Mutter der Charlotte und der Theresia sein, so müßte Abraham Goldstein mit „Löwel auf der Fischerstiege“ identisch sein. Es müßte angenommen werden, daß der Vatername Abrahams Löw (Löb) war, den Abraham als Beiname führte. Dies ist in der Tat denn auch so. In der Grrabschrift des am 31. Oktober 1813 verstorbenen Abraham Goldstein führt dessen Vater den Namen Löb. Jetzt begreifen wir, welche Bewandtnis esmit dem Toleranzinhaber Abraham Löwy in der ersten Liste vom Jahre 1787 bei PRIBRAM I, S. 586, hat, der einmal vorkommt, um für immer zu verschwinden. Aber es ist nur ein Scheintod. Abraham Löwy ist eben Löwel von der Fischerstiege, Abraham, der Sohn Löws, der von nun an regelmäßig wiederkehrende Abraham Gold-stein. In der handschriftlichen Liste von 1787 heißt sein ältestes Kind Sara. In der Seelenandacht für Charlotte Biedermann wird diese mit dem Namen„Sarl, genannt Charlotte“ erwähnt. So ist nun der Kreis geschlossen. Charlotte Biedermann gehört mütterlicherseits der berühmten Familie Sinzheim an, die zur Zeit allerdings ihr altes Ansehen nicht mehr besaß. Wer Löw, der in dererwähnten Grabschrift mit der Morenu-Titulatur erwähnt wird, war, ist nicht zu eruieren. Offenbar in Stellung bei einer der älteren Familien.

Die Grabschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien" Band II- by Dr. Bernhard Wachstein- pg. 514
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Last Modified 4 Dec 2014Created 10 Jun 2015 using Reunion for Macintosh